Nachruf

Nachruf Dr. Eva Dorothea Becker

Nachruf Dr. Eva Dorothea Becker

Nachruf

Dr. Eva Dorothea Becker

23. August 1934 – 2. Januar 2025

Unsere Förderin und Mentorin der ersten Stunde, Dr. Eva Dorothea Becker, ist zu Beginn dieses Jahres in ihrem 91. Lebensjahr verstorben.

„Selbstbehauptung zwischen den unmöglichen Alternativen“, so beschrieb Eva Becker 1996 das Leben von Marie von Ebner-Eschenbach. Diese Charakterisierung lässt sich durchaus auf ihr eigenes Leben übertragen.

Eva Dorothea Becker war vieles: Kriegskind, alleinige Tochter einer engagierten Pädagogin, über die sie eine Biografie verfasste, streitbare Germanistin und erfolgreiche Autorin. Ihr pointierter und oft leicht ironischer Stil trug sicherlich neben Tiefenschärfe und neuartiger Thematik zum Erfolg ihrer zahlreichen Veröffentlichungen bei. Eva Becker war geprägt vom Nachkriegsaufbruch der 1968er Jahre, sie engagierte sich lebenslang gegen verkrustete Strukturen und für die Sache der Frauen in Hochschule und Gesellschaft.

Eva Dorothea Becker kam in Oranienburg bei Berlin zur Welt und verbrachte einen Großteil ihrer Kindheit und Jugend in Bremen. Zum Studium der Germanistik und Anglistik ging sie nach Marburg und Durham (England), promovierte in Heidelberg und lehrte nach einem Forschungsaufenthalt in München von 1967 bis 1997 (ab 1973 als akademische Oberrätin) an der Universität des Saarlandes. In dieser Zeit forschte und publizierte sie zum deutschen Roman, über „Literarisches Leben“, über Autobiografien und Exilliteratur. Zunehmend fokussierte sie sich auf Literatur von, über und für Frauen. Hier bearbeitete sie, auch noch lange nach der Pensionierung, Themen wie die Bildungschancen von Frauen, „Schreibweisen“ (Briefe und Tagebücher) von Frauen. In ihrer letzten Monografie „Bildungssprünge. Die Unberühmten“ fasste sie anhand der „Lebens- und Lesezeugnisse von Frauen in drei Generationen“ aus ihrer Familie viele ihrer Erkenntnisse zusammen.

Indem sie mit nonchalanter Selbstverständlichkeit das meist übersehene „andere Geschlecht“ in der Germanistik in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellte, prägte sie Generationen von Student:innen und lieferte wichtige kritische Erneuerungsimpulse für die Germanistik. Zugleich erkannte sie glasklar die Auswirkungen struktureller patriarchaler Verhärtungen im Universitätskosmos und setzte sich konsequent für die Gleichberechtigung aller Frauen an der Hochschule (der sie süffisant den Titel „Alma Mater“ entzog) ein. Gemeinsam mit einer gleichgesinnten Gruppe sogenannter „Mittelbauerinnen“ und einzelner der wenigen Professorinnen kämpfte sie für einen Frauenbeirat, für die erste Frauenbeauftragte an der Universität und für gleichberechtigte Repräsentanz von Frauen in Hochschulgremien. Zusammen mit den AStA-Studentinnen wurden bahnbrechende öffentliche Ringvorlesungen zur damals noch marginalen Frauenforschung ausgerichtet, Frauenhochschulwochen und Frauentagungen organisiert und ein Angebot für Frauen ohne Hochschulzugangsberechtigung etabliert. Bis heute erscheint schließlich die Schriftenreihe zur Frauenforschung, SOFIE, die Eva Becker federführend mit einer Herausgeberinnengruppe lancierte und lange fachlich betreute. Eine neue Generation feministischer Genderforscherinnen führt SOFIE mit aktuellen Themen weiter – zuletzt 2023 erschien Band 26! Eva Becker initiierte, motivierte, überzeugte und blieb auch auf der Langstrecke den feministischen Anliegen verbunden.

So lernte ich sie in den späten 70er Jahren als Mitstreiterin kennen und schätzen. Als ich ihr 1989 die Idee einer Fachbibliothek zu „Frauenthemen“ nahebrachte, war sie begeistert und überlegte mit mir, ob und wie ggf. eine solche Einrichtung an der Universität „angedockt“ werden könne. Fortan begleitete sie die Geschicke der Frauen(Gender)Bibliothek. Zur Eröffnung 1991 hielt sie den Festvortrag. Viele weitere Vorträge und z.T. gemeinsame Veröffentlichungen sollten folgen, die Schriftenreihe SOFIE stellten wir regelmäßig gemeinsam in der Bibliothek vor. Als der Frauenbibliothek 2004 die öffentliche Förderung entzogen werden sollte, ging sie mit uns auf die Straße und ins Ministerium. Unserem neugegründeten Förderverein trat sie sofort bei und stand uns als Vorständin von 2001 – 2007 zur Seite. Förderin blieb sie bis zu ihrem Tod.

Die FrauenGenderBibliothek Saar und die Frauenhochschulpolitik sind Eva Becker zu großem Dank verpflichtet. Ohne ihre verlässliche und unerschrockene Unterstützung unserer Arbeit wären wir heute nicht da, wo wir sind. Sie war uns ein wichtiges Vorbild, was ihren unbestechlichen Blick auf Herrschafts- und Geschlechterverhältnisse betrifft. Ihre Geradlinigkeit, ihr trockener Humor, ihr widerständiger Geist und ihre Furchtlosigkeit gegenüber scheinbaren oder echten Autoritäten werden fehlen!

Dr. Annette Keinhorst
Vorständin FrauenGenderBibliothek Saar
Saarbrücken, im Januar 2025

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Nachruf Adelheid von Boeselager

Nachruf Adelheid von Boeselager

Adelheid von Boeselager  (29.9.1942 Eggermühlen  –  30.6.2023 Bonn)

Ein Nachruf von Annette Keinhorst

Die kürzlich verstorbene Adelheid von Boeselager war die erste Vorständin der frauenbibliothek saar.

Aus dem westfälischen Adel stammend  kam Adelheid von Boeselager nach dem Studium ins Saarland (damals noch als verheiratete Adelheid Backes).

Hier entdeckte sie schon bald die Neue Frauenbewegung  und schloss sich der studentisch geprägten Saarbrücker Frauengruppe  an. Pfeife rauchend und diskutierend traf frau sie fortan häufig im „Frauenladen“ in der Cecilienstraße 29. Die baldige Gründung einer Untergruppe „Frauen ab 30“ durch Adelheid und einige Mitstreiterinnen (u.a. auch die kürzlich verstorbene Dr. Gerlinda Smaus) wurde zwar von den jüngeren Feministinnen eher schmunzelnd aufgenommen, schuf aber ein Forum für beruflich und familiär stärker eingebundene Feministinnen.

Die (Frauen-)Friedensbewegung der Achtziger Jahre elektrisierte sie. Schon bald beteiligte sie sich aktiv, nahm mit ihrer „Bezugsgruppe“ an Aktionen des gewaltfreien Widerstands gegen die damalige Nato-Nachrüstung teil, organisierte Trainings, warb um neue Aktivistinnen und für die Anliegen der weltweiten Frauenfriedensbewegung. Bei Gartenfesten und auf Geburtstagsfeiern brachte sie Frauen jeglicher Couleur zusammen und unterstützte so die feministischen Netzwerke.

Als Gymnasiallehrerin in Neunkirchen unterrichtete sie zeitlebens fast ausschließlich den männlichen Teil der Jugend. Umso mehr fühlte sie sich angesprochen von der Einrichtung einer Fachkommission durch die Landesfrauenbeauftragte Dr. Otti Stein zu  „Geschlechtsrollenklischees in saarländischen Schulbüchern“. Hier konnte sie ihre berufliche Expertise und ihr frauenpolitisches Interesse gleichermaßen einbringen.

Dem Verein für Frauenbildung und -kultur FF hatte sie sich kurz nach dessen Gründung Mitte der Achtziger Jahre angeschlossen und vertrat diesen viele Jahre als streitbare Delegierte im Frauenrat Saarland.

Die Gründung der frauenbibliothek & dokumentationszentrum frauenforschung  1990 unterstützte sie aus ganzem Herzen und mit voller Kraft. So wurde sie auch (zusammen mit Ilse Köhl) zur ersten Vorständin der noch jungen Einrichtung gewählt. Nach ihrer Vorstandstätigkeit blieb sie der FrauenGenderBibliothek Saar persönlich und als Förderin noch lange verbunden. So verfügt die FGBS heute über einen Vorlass von Adelheid von Boeselager mit Dokumenten ihres frauenpolitischen Denkens und Handelns.

Als sie krankheitsbedingt 2017 das Saarland verließ, um in die Nähe ihrer Schwester im Rheinland zu ziehen, beendete sie ihre Saarbrücker Aktivitäten. Über mehr als vier Jahrzehnte war sie eine aufmerksame Beobachterin und Begleiterin der frauenpolitischen Entwicklungen im Land gewesen. Ihre lebenslange Zuneigung galt den Frauen: ob in ihrer Frauen-Wohngemeinschaft auf dem Rotenbühl oder in der Unterstützung von Künstlerinnen und frauenbewegten Vereinen. Frau konnte immer auf ihre Solidarität bauen – so wird sie uns in Erinnerung bleiben.

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Nachruf Dr. Ursula Nienhaus

Quelle: ida-Dachverband

Nachruf Ursula Nienhaus (1946–2020)

Ursula Nienhaus war Mitbegründerin und Leiterin des FFBIZ in Berlin sowie Mitbegründerin des i.d.a.-Dachverbandes.


Der i.d.a.-Vorstand erhielt die traurige Nachricht, dass Ursula Nienhaus vor wenigen Tagen verstorben ist. Viele der Kolleg*innen unserer Einrichtungen haben Ursula noch persönlich gekannt. Ursula war Mitbegründerin und langjährige Leiterin des Frauenforschungs-, Bildungs- und Informationszentrums (heute: FFBIZ – das feministische Archiv) in Berlin; in diesem Zusammenhang war sie 1994 auch Mitbegründerin des i.d.a.-Dachverbandes und hat lange Jahre das FFBIZ bei den (halb-)jährlichen Archivetreffen vertreten.

Ursula Nienhaus war Historikerin. Sie lehrte als Dozentin für Frauen- und Geschlechterforschung bzw. Gender Studies an der Humboldt-Universität zu Berlin und als Privatdozentin an der Universität Hannover. Sie publizierte vor allem zu Frauenberufsgeschichte. Ihre Werke zu den ersten weiblichen Angestellten sowie den Anfängen der Frauenarbeit in den Institutionen Polizei und Post in Deutschland waren und sind wichtige Beiträge zur wissenschaftlichen Frauenforschung. Sie verband ihre Forschungsarbeit stets mit ihrer feministischen Bildungsarbeit im FFBIZ und anderen Institutionen.

Mit Anregungen aus ihrer Forschungstätigkeit und als FFBIZ-Leiterin hat sie auch in der Vernetzung der feministischen Archive und Bibliotheken manche Debatte angestoßen. Sie wird uns in Erinnerung bleiben als stets streitbare Verfechterin feministischer Bildungsarbeit und als konstruktive Diskussionspartnerin.

Der i.d.a.-Vorstand: Sabine Balke Estremadoyro, Margit Hauser,
Margarethe Kees

In der FGBS gibt es folgende Publikationen von Dr. Ursula Nienhaus zur Lektüre und / oder Ausleihe: Sucherergebnis Ursula Nienhaus im FGBS-Katalog

Abb.: Ursula Nienhaus auf der i.d.a.-Tagung 2009. (Quelle: Margarethe Kees; Lizenz: Rechte vorbehalten – Freier Zugang.)

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NACHRUF

NACHRUF

Wir haben die traurige Nachricht erhalten, dass unsere langjährige Förderin und Kassenprüferin Ruth Stoll Anfang dieser Woche verstorben ist.

In ihrer unaufgeregten Art stand sie immer zur Verfügung, wenn für Frauen und Frauenanliegen gekämpft werden musste.  Auch, wenn dies hohen persönlichen Einsatz erforderte, wie z.B. in der Krisenzeit von ca. 2005 – 2008, als wir die FrauenGenderBibliothek nur mit Freiwilligen am Leben erhalten konnten. Ruth kam, packte an, war da, wenn frau sie brauchte. Das alles mit einem leichten Lächeln und größter Selbstverständlichkeit.
Ruth war ihr ganzes Erwachsenenleben lang eine wichtige und verlässliche Stütze der Frauenbewegung.
So werden wir sie in Erinnerung behalten.
Bei unserer Neujahrsfeier konnte sie noch dabei sein, nun ist sie ihrer schweren Krankheit erlegen.

Vorstand und Team der FrauenGenderBibliothek Saar
Saarbrücken, 22.5.2019

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Nachruf Kate Millett

von Ulrike Janz (Quelle: LesbenRing e. V. – Newsletter 2017/7):
Für mich als junge, gegen Gewalt an Frauen engagierte Feministin Ende der 70er Jahre war Kate Millett (geb. 1934 in Minnnesota, USA) eine der ganz Großen: Literaturwissenschaftlerin und -dozentin, Soziologin und erfolgreiche Bildhauerin, Aktivistin und radikale, später auch lesbische Feministin. Bereits 1978 gründete sie die Art Colony for Women auf ihrer Farm in Poughkeepsie im Bundesstatt N.Y. (seit 2012 The Millett Center for the Arts). Ihr theoretisches Meisterwerk (gleichzeitig Dissertation und Bestseller in den USA, dt. 1971) „Sexus und Herrschaft“ war eines der Standardwerke, das jede feministische Bücherwürmin gelesen haben musste; etwas später auch (passend zu meinem eigenen Coming out 1982) zwei autobiographische Bände, die mir das Fliegen als lesbische Bewegungsform versprachen: „Flying“ und 1989 die ebenfalls biographische „Sita – Geschichte einer Frauenbeziehung“, die mir eher als eine der weniger inspirierenden Beziehungsdramen in Erinnerung ist –  endlos unklar, zweiflerisch und sehr traurig … aber gut geschrieben. Unerfreuliche Beziehungsstrukturen auch in lesbischen Beziehungen (psychische Gewalt?) waren für sie schon früh ebenso Thema wie die allgegenwärtige Gewalt gegen Frauen: in „The Prostitution Papers“ 1971, „Im Basement“ 1980, in der Psychiatrie – aus eigenen gelebten und überlebten Erfahrungen schöpfend: „Der Klapsmühlentrip“, dt.1990, auch politische Gewalt: „Im Iran“, dt. 1982, und „Entmenschlicht: Versuch über die Folter“, dt. 1994. Und ebenfalls ökonomische Gewalt: 1998 brachte die TAZ eine Übersetzung eines sehr persönlichen Artikels von K.M., der überdeutlich machte, wie nah engagierte, widerständige, lesbische, durchaus „erfolgreiche“ Feministinnen der Armut (spätestens) im Alter sind. Ein 2001 erschienenes Buch über „Mother Millet“ – ihre Mutter -, ist bisher leider nicht übersetzt.
K. M. ist am 6. September in Paris mit 83 Jahren an Herzversagen gestorben; wir sollten ihre meist vergriffenen Bücher (wieder)lesen (Archive, Antiquariate, Bücherschränke von Veteraninnen), ihre immer noch hohe Aktualität bestaunen, auch bedauern und Kate Millett nicht vergessen.

Und diesen Film über sie hoffe ich bald zu sehen: „ She´s Beautiful When She´s Angry“ (2014)

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NACHRUF

NACHRUF

Die FrauenGenderBibliothek Saar trauert um

Yvonne Grabowsky (28.10.1945 – 28.4.2017)

Yvonne war eine Stütze der Saarbrücker Frauencommunity, angesagte „D-Jane“ auf vielen Festen und Events (Hexennacht, Frauenlauf etc.) und immer bereit, sich einzusetzen, wenn „Not an der Frau“ war. Der FrauenGenderBibliothek war sie viele Jahre als Fördermitglied und als Vertreterin des Vereins FF in unserem Trägerverein verbunden.

Sie hinterlässt zwei Töchter mit ihren Familien.

Wir werden sie sehr vermissen.

Vorstand und Team der FGBS

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Marokkanische Autorin Fatima Mernissi gestorben

Die marokkanische Autorin und Soziologin Fatima Mernissi ist am 30.11.2015 im Alter von 75 Jahren gestorben. In ihren Schriften setze sie sich kritisch mit der Lage der Frauen in der muslimischen Welt auseinander. 2003 wurde die Autorin gemeinsam mit der amerikanischen Schriftstellerin Susan Sontag mit dem Prinz-von-Asturien-Preis in der Sparte Literatur ausgezeichnet. Sie war eine wichtige Vordenkerin des arabischen Feminismus.

Wer sich mit ihren Texten auseinander setzen möchte, findet in der FrauenGenderBibliothek Saar folgende ausleihbare Werke von Fatima Mernissi:

  • Die islamische Konzeption einer aktiven weiblichen Sexualität (Artikel in: Abschied von Harem? Selbstbilder – Fremdbilder muslimischer Frauen) (2004)
  • Der Harem in uns: Die Furcht vor dem Anderen und die Sehnsucht der Frauen (1994)
  • Dreams of Trespass – Tales of a Harem Girlhood (1994)
  • Der Harem ist nicht die Welt – Elf Berichte aus dem Leben marokkanischer Frauen (1988) (Fatima Mernissi als Herausgeberin)
  • Geschlecht Ideologie Islam (1987)

Ergänzende Information:

Artikel zu ihrem Lebenswerk auf SpiegelOnline Kultur vom 30.11.2015

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