von Ulrike Janz (Quelle: LesbenRing e. V. – Newsletter 2017/7):
Für mich als junge, gegen Gewalt an Frauen engagierte Feministin Ende der 70er Jahre war Kate Millett (geb. 1934 in Minnnesota, USA) eine der ganz Großen: Literaturwissenschaftlerin und -dozentin, Soziologin und erfolgreiche Bildhauerin, Aktivistin und radikale, später auch lesbische Feministin. Bereits 1978 gründete sie die Art Colony for Women auf ihrer Farm in Poughkeepsie im Bundesstatt N.Y. (seit 2012 The Millett Center for the Arts). Ihr theoretisches Meisterwerk (gleichzeitig Dissertation und Bestseller in den USA, dt. 1971) „Sexus und Herrschaft“ war eines der Standardwerke, das jede feministische Bücherwürmin gelesen haben musste; etwas später auch (passend zu meinem eigenen Coming out 1982) zwei autobiographische Bände, die mir das Fliegen als lesbische Bewegungsform versprachen: „Flying“ und 1989 die ebenfalls biographische „Sita – Geschichte einer Frauenbeziehung“, die mir eher als eine der weniger inspirierenden Beziehungsdramen in Erinnerung ist – endlos unklar, zweiflerisch und sehr traurig … aber gut geschrieben. Unerfreuliche Beziehungsstrukturen auch in lesbischen Beziehungen (psychische Gewalt?) waren für sie schon früh ebenso Thema wie die allgegenwärtige Gewalt gegen Frauen: in „The Prostitution Papers“ 1971, „Im Basement“ 1980, in der Psychiatrie – aus eigenen gelebten und überlebten Erfahrungen schöpfend: „Der Klapsmühlentrip“, dt.1990, auch politische Gewalt: „Im Iran“, dt. 1982, und „Entmenschlicht: Versuch über die Folter“, dt. 1994. Und ebenfalls ökonomische Gewalt: 1998 brachte die TAZ eine Übersetzung eines sehr persönlichen Artikels von K.M., der überdeutlich machte, wie nah engagierte, widerständige, lesbische, durchaus „erfolgreiche“ Feministinnen der Armut (spätestens) im Alter sind. Ein 2001 erschienenes Buch über „Mother Millet“ – ihre Mutter -, ist bisher leider nicht übersetzt.
K. M. ist am 6. September in Paris mit 83 Jahren an Herzversagen gestorben; wir sollten ihre meist vergriffenen Bücher (wieder)lesen (Archive, Antiquariate, Bücherschränke von Veteraninnen), ihre immer noch hohe Aktualität bestaunen, auch bedauern und Kate Millett nicht vergessen.
Und diesen Film über sie hoffe ich bald zu sehen: „ She´s Beautiful When She´s Angry“ (2014)