FrauenForum Saarbrücken zu geschlechtspezifischen Aspekten der Corona-Krise

Saarbrücken, 10.7.2020

Frauen meistern die Krise… und verdienen dafür mehr!

Das FrauenForum Saarbrücken setzt sich als Bündnis für eine Gesellschaft ohne Diskriminierung ein. In der aktuellen Corona-Krise zeigen sich die Bereiche, in denen es noch an echter Gleichstellung fehlt, besonders deutlich.

Insbesondere zwischen Frauen und Männern zeigt sich eine Unausgewogenheit in der Aufgabenverteilung und der entsprechenden Anerkennung.

Wie selbstverständlich übernahmen in heterosexuellen Partnerschaften und Familien zu Beginn der Covid-19-Krise die Frauen den überwiegenden Teil der Kinderbetreuung und reduzierten ihre Erwerbsarbeit stärker als die Männer, wie eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung belegt.

Ein erschreckendes Resultat hiervon ist zum Beispiel, dass in wissenschaftlichen Medien plötzlich deutlich weniger Veröffentlichungen von Forschungsergebnissen von Frauen erscheinen, wie eine Untersuchung von „Digital Science“ ergab. Demgegenüber sind die Publikationszahlen von Männern auf gleichem Niveau wie vor Corona geblieben oder sogar angestiegen.

Eine Minderrepräsentanz von Frauen zeigt sich außerdem in medialen Berichten über Corona. Eine Untersuchung der maLisa-Stiftung ergab, dass deutlich mehr Männer als Experten befragt wurden, über alle Medienformate gemessen doppelt so viele wie Frauen. Und das obwohl beispielsweise die Hälfte der Medizinfachleute Ärztinnen sind.

Weiterhin wird in der aktuellen Situation deutlich, wie unabdingbar wichtig – systemrelevant – die Arbeit in Berufsbereichen wie Pflege, Einzelhandel oder Kinderbetreuung ist. Umfragen zeigen, dass bei Jugendlichen das Interesse an einer Ausbildung im Sozial- und Pflegebereich durchaus gestiegen ist durch die Wertschätzung, die diese Berufsfelder während der Corona-Krise erfahren haben. Deutlich wird aber auch, dass eine Ausbildung für Jugendliche nicht attraktiv ist wegen der Arbeitsbedingungen und der zu geringen Entlohnung.

Eine zusätzliche, durch die Corona-Schutz-Maßnahmen der Ausgangsbegrenzung verstärkte Problematik ist das Ansteigen von häuslicher Gewalt. Die TU München fand durch eine repräsentative Umfrage heraus, dass in Haushalten mit Quarantäne oder finanziellen Sorgen während der bisherigen Corona-Krise die Zahl der Gewalttaten gegen Frauen und Kinder gestiegen ist.

Viele Einzelpersonen, Paare und Familien benötigen in einer solchen Krisensituation mit vielfältigen Belastungen vermehrt Unterstützung. Das zeigt sich in den Anfragen bei den Saarbrücker Beratungsstellen, bei denen oftmals auch eine große finanzielle Not wahrgenommen wird.
Da ist es wenig verständlich, dass Beratungsangebote nicht ausgeweitet, sondern teilweise sogar eingestellt wurden, wie zum Beispiel die Evangelische Beratungsstelle für Erziehungs-, Partnerschafts- und Lebensfragen des Diakonischen Werks im Saarland.

Auch andere gesellschaftliche Gruppen erfahren spezifische Nachteile, die sich in der Corona-Krise verstärken. Beispielsweise erleben Menschen mit nicht-heterosexueller Identität Begrenzungen, sich in ihrer Community aufzuhalten und dort Schutz und Stärkung vor ohnehin bestehenden Diskriminierungen zu erfahren. Menschen in bestimmten Berufsgruppen oder mit generell geringem Einkommen bangen um ihre ökonomische Existenz, Kindern und Jugendlichen fehlt die tägliche Beziehungs- und Bildungsstruktur und Menschen mit Migrationserfahrung sind noch stärker von Diskriminierung und Armut bedroht als zuvor.

Insgesamt sind es vor allem die Frauen, die die Hauptlast der gesellschaftlichen Aufgaben in Familie, Beruf und Sozialleben tragen. Sie investieren all ihre Kraft und erhalten dafür kaum Dank, geringes Geld und zu wenig politische Unterstützung hin zu echter Gleichberechtigung – in wirklich jeder Hinsicht.

Das FrauenForum Saarbrücken fordert, dass in allen gesellschaftlichen Bereichen Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die Aufgabenverteilung und deren Entlohnung ausgewogen zu gestalten. 2020 ist ein Jahr der Krise – es bietet aber auch die Chance ein wichtiges Jahr des gesellschaftlichen Fortschritts zu werden!

Das Frauen Forum Saarbrücken ist ein Aktionsbündnis für eine gleichberechtigte Gesellschaft, in dem z.Zt. folgende Organisationen aktiv sind:
ALDONA e.V., Arbeitskammer, AsF Saarbrücken, AWO Frauenhaus Saarbrücken, Beratung Interkulturell,  Beratungs- und Interventionsstelle für Opfer häuslicher Gewalt des SkF, BPW Saarbrücken, DGB Rheinland-Pfalz/Saarland, DKP Saarland, Ev. Beratungsstelle für Schwangerschaftskonflikte, Familienplanung und Sexualpädagogik Diakonie Saar, Frauenarbeitsgemeinschaft Lisa – Die Linke, Frauenbüro der Landeshauptstadt Saarbrücken, FrauenGenderBibliothek Saar, Frauengruppe Courage, Frauenmantel – Frau im Zentrum e. V., Frauen Union Saarbrücken – Stadt, Frauennotruf Saarland, LSVD Saar, Mimose Frauengruppe, NELE – Verein gegen sexuelle Ausbeutung von Mädchen e.V., ProFamilia Saarbrücken, SkF Elisabeth-Zillken-Haus, Ver.di-Frauen, VAMV Landesverband Saar e. V.
(Mehr Infos bei Facebook unter FrauenForum Saarbrücken)

 

Quellen:

https://www.boeckler.de/de/boeckler-impuls-ruckschritt-durch-corona-23586.htm

https://www.forschung-und-lehre.de/forschung/zahl-der-publikationen-von-frauen-sinkt-2895/

https://www.zeit.de/2020/20/wissenschaftler-ungleichheit-geschlechter-bewertung-coronakrise

https://malisastiftung.org/studie-geschlechterverteilung-corona-berichterstattung/

https://www.tum.de/nc/die-tum/aktuelles/pressemitteilungen/details/36053/