Monika Löb (1949 – 2021). Ein Nachruf

Monika Löb (1949 – 2021). Ein Nachruf

Eine Vorkämpferin der autonomen Frauenbewegung in Saarbrücken ist verstorben.

Monika Löb, Psychotherapeutin und feministische Aktivistin, hat die bewegten Jahre der saarländischen Frauenbewegung zwischen Anfang der 1970er bis in die Neunziger Jahre stark geprägt. Im „Frauenladen“ in der Saarbrücker Cecilienstraße, der Keimzelle der autonomen Frauenbewegung, war sie von Anfang an dabei. Leidenschaftlich diskutierte sie über Frauenbefreiung und politische Autonomie, aber auch gegen linken Patriarchalismus. Sie war dabei, wenn Aktionen gegen das Abtreibungsverbot des § 218 oder Nachtdemos gegen Vergewaltigung organisiert wurden. Frauenfeste, ein wichtiges Moment der neu erlebten Solidarität unter Frauen, fanden selten ohne Monika statt. Wichtig war ihr immer die Unabhängigkeit der Frauen und ihrer Kämpfe. Als Dreh- und Angelpunkt sah sie die sexuelle Selbstbestimmung von Frauen, ob es um Gewalt gegen Frauen, um den Kampf gegen den § 218 oder um die Anerkennung lesbischer Lebensweisen und lesbischer Sexualität ging. Als  junge, teils alleinerziehende Mutter in der lesbischen Community brach sie damals so manches Tabu und öffnete den innerfeministischen Diskurs.

Als Psychotherapeutin hat Monika beruflich Frauen begleitet und zugleich Netzwerke engagierter Psychologinnen im Saarland mitaufgebaut. Nach ihrem Wegzug aus dem Saarland lebte und arbeitete sie in einer Frauen(wohn)gemeinschaft auf dem Land bei Oldenburg. Dort engagierte sie sich u.a. in der Frauen- und Flüchtlingsarbeit.

Monika unterstützte die 1990 in Saarbrücken gegründete Frauenbibliothek von Anfang an, als Förderin und als Impulsgeberin. Dafür sind wir ihr dankbar. Und wir sind froh, dass wir mehrere Audio- Interviews mit Monika führen konnten und diese sowie handschriftliche Aufzeichnungen und Fotos von ihr in unserem Archiv aufbewahren und digitalisieren konnten. Hier stehen diese Hinterlassenschaften eines feministisch engagierten Lebens allen Interessierten zur wissenschaftlichen Recherche und zur privaten Erinnerung dauerhaft zur Verfügung.

Monika Löb – ein Vorbild, eine Kämpferin, und für viele eine wunderbare Freundin, hat uns für immer verlassen. Wir werden ihr Andenken in Ehren halten.

Annette Keinhorst für die FrauenGenderBibliothek Saar, Februar 2022
Foto: Archiv der FrauenGenderBibliothek Saar, vlnr: Dr. Annette Keinhorst, Dr. Eva Becker, Monika Löb, 1999

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10 Jahre Mentoringprogramm MiNET Saar

10 Jahre Mentoringprogramm MiNET Saar

MiNET Saar, das MentoringNetzwerk für Migrantinnen der FrauenGenderBibliothek Saar, feiert 10jähriges Bestehen.

MiNET Saar wurde 2012 nach einjähriger Aufbauphase unter der Trägerschaft der FrauenGenderBibliothek Saar und mit Unterstützung des Zuwanderungs- und Integrationsbüros und des Frauenbüros der Landeshauptstadt Saarbrücken sowie anfangs auch des Regionalverbands Saarbrücken gegründet. Nach anfänglicher Förderung durch Projektmittel des Bundes und Spenden wird das Programm seit 2020 aus Landesmitteln gefördert.

Im Verlauf des 10jährigen Bestehens konnten rund 100 hochqualifizierte ehrenamtliche  Mentorinnen gewonnen werden, einige von ihnen durchlaufen zurzeit die fünfte Mentoring-Runde. Rund 90 Mentees haben das Programm im Tandem mit einer Mentorin inzwischen durchlaufen. Frauen aus über 35 Nationen und mehr als 40 Branchen haben so mithilfe der Begleitung und Unterstützung durch MiNET Saar einen Arbeitsplatz oder eine bessere Chance auf dem saarländischen Arbeitsmarkt erhalten.

„Dass MiNET Saar notwendig und eine gute Idee ist, war uns von Anfang an klar. Dass es sich so erfolgreich im Saarland etablieren würde, mittlerweile auch unterstützt durch die saarländische Landesregierung, haben wir vor zehn Jahren nicht zu hoffen gewagt“, resümiert Gründerin und Vorständin Dr. Annette Keinhorst. Mitgründerin Veronika Kabis (Zuwanderungsbüro) begleitet von Anfang an mit engagiertem integrationspolitischem Know How: „Frauen, die sich sonst nie begegnet wären, treffen im Mentoring-Tandem auf Augenhöhe aufeinander und finden gemeinsam hilfreiche Zugänge zu neuen (beruflichen oder privaten) Chancen und Netzwerken.“

MiNET Saar bietet Migrantinnen ein Netzwerk von qualifizierten Integrations- und Arbeitsmarktexpertinnen, Trainerinnen und Beraterinnen, die sie mit qualifizierenden Workshops, Informationsveranstaltungen und durch monatliche Netzwerk- und Austauschtreffen begleiten. Für das Jahr 2022 sind noch Plätze frei. Interessierte Migrantinnen können sich jederzeit für ein Mentoring anmelden. Die Teilnahme im Programm ist kostenlos.

Kontaktinformationen:
Projektkoordinatorin Iulia Fricke, M.A.
FrauenGenderBibliothek Saar
Großherzog-Friedrich-Str. 111, 66121 Saarbrücken
Tel. 0681-9388023
minet-saar@frauengenderbibliothek-saar.de

https://frauengenderbibliothek-saar.de/minet-saar-mentoringnetzwerk-fuer-migrantinnen/

Facebook: Minet Saar

Das Projekt wird vom Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie gefördert.

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Neues Forschungsprojekt zur Verfolgung von Homosexuellen im Saarland

Neues Forschungsprojekt zur Verfolgung von Homosexuellen im Saarland

Pressemitteilung der Landeszentrale für Pädagogik und Medien:

Im Saarland wird die Verfolgung von Schwulen und Lesben im Dritten Reich und der Bundesrepublik wissenschaftlich aufgearbeitet: Dr. Kirsten Plötz und Dr. Frédéric Stroh arbeiten im Forschungsprojekt des Saarlandes und der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld

„Einen Schlussstrich unter die Aufarbeitung der NS-Zeit kann es nicht geben, denn es gibt nach wie vor weiße Flecken. Dazu gehört die Verfolgung von Schwulen und Lesben im Dritten Reich an der Saar. Aber auch in der Bundesrepublik mussten Schwule und Lesben bei Aufdeckung noch lange um ihre Existenz fürchten. Es ist wichtig, dieses Thema aufzuarbeiten“, erklärt Saarlands Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot zum Start des wissenschaftlichen Forschungsprojektes über die bislang weitgehend unerforschte Verfolgung von Schwulen und Lesben im Saarland 1935 – 1994.

Forschungsmittel des Saarlandes, für die sich der Landtag des Saarlandes starkgemacht hatte, in Höhe von 80.000 € sowie Fördermittel der in Berlin sitzenden Bundesstiftung Magnus Hirschfeld in Höhe von 35.000 € ermöglichen das am Landesinstitut für Pädagogik und Medien verankerte Projekt. Dessen Leiter, der Historiker Dr. Burkhard Jellonnek, hatte vor dreißig Jahren die erste wissenschaftliche Arbeit über „Homosexuelle unter dem Hakenkreuz“ vorgelegt. Unterstützung bekommt er vom Stadtarchiv Saarbrücken, dem Lesben- und Schwulenverband, der FrauenGenderBibliothek Saar, der Landeszentrale für politische Bildung und Einzelpersonen.

„Ich begrüße es außerordentlich, dass der Landtag des Saarlandes sich dazu entschlossen hat, die Frage der Verfolgung und Diskriminierung von Lesben und Schwulen auch über die Zeit des Nationalsozialismus hinaus bis in die 1990er Jahre wissenschaftlich zu erforschen“, so Jörg Litwinschuh-Barthel, geschäftsführender Vorstand der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld. „Nachdem sich unsere Stiftung in mehreren Kooperationsprojekten bereits mit der Aufarbeitung der LSBTIQ*-Geschichte in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg beschäftigt hat, freuen wir uns sehr, die Forschungen im Saargebiet über unsere Förderlinie unterstützen zu können. Von großer Bedeutung ist für uns insbesondere, dass das Forschungsprojekt die oftmals wenig beachtete Situation lesbischer Frauen gleichrangig in den Blick nimmt.“

„Mit der Aufarbeitung der Verfolgung von Homosexuellen im Saarland mit seiner besonderen Geschichte vor und während des Dritten Reiches sowie in der Nachkriegszeit schließen wir eine wichtige Lücke in der bisherigen Forschungsarbeit. Der Einsatz zur Bereitstellung von Forschungsmitteln durch das Land war mir eine Herzensangelegenheit. Vor dem Hintergrund der in der Landeshauptstadt laufenden Diskussion über ein Mahnmal zur Erinnerung an die Verfolgung von Lesben und Schwulen haben wir im laufenden Doppelhaushalt erneut Mittel in Höhe von 20.000 € als Landesanteil eingestellt.

Wichtig ist mir, dass diese Erinnerung auch in die Zukunft gerichtet ist: Wir wollen eine Gesellschaft der Vielfalt und Offenheit, die sich gegen Ausgrenzung und Stigmatisierung einsetzt“, so der bildungs- und kulturpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Jürgen Renner.

Mit einer bundesweiten Ausschreibung wurden zwischenzeitlich auch zwei ausgewiesene Wissenschaftler*innen gefunden, die seit Monaten in den einschlägigen Archiven sind und entsprechende Akten und Literatur sichten.

Die 1964 in Hannover geborene Dr. Kirsten Plötz studierte Geschichte und Politik an der dortigen Universität, promovierte 2002 über ‚alleinstehende‘ Frauen in der frühen Bundesrepublik 1949-1969. Neben zahlreichen Veröffentlichungen zur Geschlechtergeschichte, z.B. über lesbisches Leben in der Weimarer Republik, arbeitete Kirsten Plötz an mehreren Filmproduktionen mit und forschte zeitweilig am Göttinger Max-Planck-Institut für Geschichte. Gemeinsam mit Günter Grau erstellte die Historikerin im Auftrag des Instituts für Zeitgeschichte München-Berlin und der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld die vom Rheinland-Pfälzischen Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz herausgegebene Studie zur strafrechtlichen Verfolgung und Rehabilitation weiblicher und männlicher Homosexualität in Rheinland-Pfalz und erforschte für das Land Hessen Diskriminierungen lesbischer Liebe von den Anfängen des Landes bis in die 1980er Jahre. Für das Land Rheinland-Pfalz legte sie zuletzt eine vielbeachtete Studie über den Entzug des Sorgerechts von Müttern in lesbischen Beziehungen vor

Der 1983 in Saargemünd geborene Dr. Frédéric Stroh gehört dem Geschichts-forschungszentrum ARCHE der Universität Straßburg an und arbeitet insbesondere über die Geschichte der NS-Strafverfolgung der männlichen Homosexualität innerhalb und außerhalb des Reiches. Nach dem Studium der Geschichte, Humangeographie und Ethnologie in Frankreich sowie an der Technischen Universität Dresden promovierte Stroh 2018 an der Universität Straßburg mit einer vergleichenden Studie zur NS-Verfolgung der Homosexualität in Baden und im annektierten Elsass, 2019 ausgezeichnet mit dem Schöpflin-Preis des Fördervereins des Generallandesarchivs Karlsruhe. Der mit zahlreichen Schriften und Aufsätzen ausgewiesene Autor war zwei Jahre lang Mitglied des deutsch-französischen Forschungszentrums Marc Bloch in Berlin, wo er 2016 die Tagung „Staat und Homosexualitäten im 20. Jh.: Brüche und Kontinuitäten in französisch- und deutschsprachigen Ländern“ mitorganisiert hat. Nach seiner Promotion hat er ein Postdoc-Projekt über die Verfolgung der Homosexualität in den vom „Dritten Reich“ annektierten Polen und Slowenien mit Förderung des Deutschen Historischen Instituts Warschau durchgeführt.

Dr. Plötz und Dr. Stroh hoffen, neben der Aktenrecherche auch Hinweise aus der Öffentlichkeit zu bekommen und suchen Zeitzeug*innen aus NS-Tagen wie der frühen Bundesrepublik. Nähere Informationen zu den Aufrufen der beiden Wissenschaftler finden Sie in der Anlage.

Für den Historiker Dr. Burkhard Jellonnek drängen sich für das Forschungsprojekt zahlreiche Fragestellungen auf. Gab es hier auch in punkto Homosexuellenverfolgung einen Sonderweg, weil das Saargebiet erst 1935 in den Geltungsbereich der Gesetzgebung des NS-Systems geriet? „Aus anderen Forschungsarbeiten wissen wir,“ so der Leiter des Landesinstituts für Pädagogik und Medien, „dass für viele schwule Männer mit der reichsweit einsetzenden Verfolgung nach dem sogenannten Röhm-Putsch am 30. Juni 1934 das Saargebiet Rückzugsort und nach 1935 auch Durchgangsort für die Flucht in das liberalere Frankreich gewesen ist.“ Findet man vielleicht sogar Spuren für den damals aus Berlin vor der Nazi-Hatz geflüchteten jüdischen und zugleich schwulen Sexualwissenschaftler Magnus Hirschfeld, der für Max Braun und seine in Saarbrücken erschienenen sozialdemokratische Zeitung „Volksstimme“  Artikel geschrieben hat und in seinem Testament von einem in Saarbrücken versteckten Nachlass gesprochen hat? Und natürlich stellt sich die Frage, ob es nach 1935 Hochkonjunkturen der Verfolgung gegeben hat, ob homosexuelle Arbeiter stärker im Fokus standen als Schwule aus der Oberschicht, weil sie sich besser zu tarnen verstanden? Gab es medizinische Experimente, waren Schwule aus dem Saarland besonders gefährdet durch die sogenannte freiwillige Entmannung? Und was passierte nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches, als das Saarland nicht zur Bundesrepublik gehörte?

Wenig weiss man auch über die Nachkriegssituation:  In saarländischen Schwulenkneipen wie der „Madame“ erzählte man, dass nicht eben wenige homosexuelle Männer nach ihrer diskriminierenden Enttarnung in der Öffentlichkeit aus Angst vor Repressionen von Arbeitgeber*innen und Gerichten Selbstmord verübt haben.

Und wie gestaltete sich die Situation lesbischer Frauen im Saargebiet? Wurden ihre Beziehungen unmöglich, weil lesbische Frauen etwa als „Asoziale“  kriminalisiert wurden? Wie wirkte sich der kriegsbedingte „Frauenüberschuss“ auf das Ansehen und den Alltag von Frauenpaaren aus? In welcher Weise wurde öffentlich über Liebe unter Frauen gesprochen – oder vielmehr geschwiegen? Wie viele Frauen gingen eine Ehe ein, weil etwas anderes nicht vorstellbar war? War es ihnen möglich, diese Ehen wieder zu beenden? Wie konnten Frauenpaare sich und gegebenenfalls ihre Kinder ernähren?

Licht ins Dunkel bringen werden nun Dr. Kirsten Plötz und Dr. Frédéric Stroh mit ihren Forschungen.

 

Kontakt:

Dr. Burkhard Jellonnek, mobil  0170 904 2059; b.jellonnek@lpm.saarland.de

Dr. Kirsten Ploetz, Kirsten.ploetz@web.de

Dr. Frédéric Stroh, Frederic.stroh@wanadoo.fr

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Buchauswahl zum Black History Month Februar

Buchauswahl zum Black History Month Februar

Bernardine Evaristo: Manifesto  – Warum ich niemals aufgebe

Peggy Piesche (Hg.): Euer Schweigen schützt euch nicht – Audre Lorde und die Schwarze Frauenbewegung in Deutschland

may ayim: blues in schwarz weiss

Ika Hügel-Marshall: Daheim unterwegs – Ein deutsches Leben

Natasha A. Kelly (Hg.): Schwarzer Feminismus

Sharon Dodua Otoo: Adas Raum

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Neues aus dem MiNET-Projekt: Februar 2022

Neues aus dem MiNET-Projekt: Februar 2022

Am Mittwoch, 2. Februar, fand der erste Offene MiNET-Treff in 2022 online statt.
Am Anfang des Jahres werden zusammen mit Mentorinnen und Mentees Ideen, Vorschläge und Wünsche zu Veranstaltungen, Workshops und Weiterbildungen besprochen.
Über das Jahr verteilt finden unterschiedliche Formate an Workshops und Veranstaltungen im Rahmen des Projektes statt, die sowohl Mentorinnen als auch Mentees und interessierte Frauen ansprechen.

Für das erste Halbjahr wurden zwei Treffen im Freien vereinbart: Mentoring im Gehen und eine Stadt-Rallye, an denen Teams aus Mentees und Mentorinnen die Stadt erkunden können.
Mentorinnen, die ehrenamtlich im Projekt aktiv sind, haben sich vertiefende Workshops zum Thema Kompetenzfeststellungsverfahren gewünscht. Außerdem soll es Angebote zu den Themenbereichen Rente und Aufstockung sowie Geld anlegen und investieren geben.

Weiterhin werden der regelmäßige Offene Treff am ersten Mittwoch im Monat und MentoMi, der Treff für aktive Mentorinnen zum kollegialen Austausch, am dritten Mittwoch im Monat bestehen bleiben.
Für die zweite Jahreshälfte sind verschiedene Workshops, auch in Kooperation mit der FrauenGenderBibliothek, Arbeitskammer und anderen Institutionen und Migrantenselbstorganisationen, angedacht.

Für interessierte Frauen mit Migrationshintergrund sind noch Plätze im Projekt frei. Bei Interesse können sie gerne Kontakt zu Iulia Fricke aufnehmen unter minet-saar@frauengenderbibliothek-saar.de

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Neue Bücher im Bestand

Neue Bücher im Bestand

Folgende Bücher haben wir ab sofort neu in der Ausleihe:

Julia Korbik: Bonjour Liberté – Francoise Sagan und der Aufbruch in die Freiheit

Luise F. Pusch und Sookee im Gespräch: Feminismus und Sprache

Afropäerinnen – Theatertexte aus Frankreich und Belgien von Laetitia Ajanohun, Rébecca Chaillon, Penda Dioui und Éva Doumbia

Birgit Buchinger, Renate Böhm und Ela Großmann (Hrsg.): Kämpferinnen

Violette Leduc: Thérèse und Isabelle

Mareice Kaiser: Das Unwohlsein der modernen Mutter

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Portrait unserer Mitarbeiterin Margarethe Kees am 23.10.2021 in der Saarbrücker Zeitung

Portrait unserer Mitarbeiterin Margarethe Kees am 23.10.2021 in der Saarbrücker Zeitung

SZ-Redakteurin Esther Brenner hat unsere Kollegin Margarethe Kees portraitiert.
Neben ihrer hauptamtlichen Tätigkeit in der FrauenGenderBibliothek in Saarbrücken, in der sie seit 31 Jahren tätig ist, engagiert sie sich als Vorständin im Dachverband i.d.a der deutschsprachigen Frauen/Lesben-Informationseinrichtungen.

Als Historikerin liegt ihr die frauenhistorische Forschung und deren Umsetzung besonders am Herzen. Daher begleitet sie mit ihrem Fachwissen die Entwicklung des saarländischen Archivs der Frauenbewegung in der FGBS sowie auch des Internetportals Digitales Deutsches Frauenarchiv.

Den Artikel zum Nachlesen gibt es hier:
https://www.saarbruecker-zeitung.de/saarland/saarbruecken/portrait-margarethe-kees-von-der-frauen-gender-bibliothek-in-saarbruecken_aid-63616243

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Unsere Mitarbeiterin Iulia Fricke im Com:unity-„Sofagespräch“

Unsere Mitarbeiterin Iulia Fricke im Com:unity-„Sofagespräch“

Am 14.10.2021 lud Com:unity Saar zum Podiumsgespräch auf dem Sofa ein. Unter dem Titel „Freiheit, Gleichheit, Feminismus?!“ haben sich Saarländerinnen mit unterschiedlichen Lebensrealitäten über Frauenleben, Gleichberechtigung und Selbstverwirklichung ausgetauscht: Was bedeutet für uns Feminismus im Alltag? Was wurde in 50 Jahren Frauenbewegung erreicht? Gibt es neue Ansätze oder einen Backlash? Worum geht es beim „Gender Pay Gap“ und wie steht dieses Thema im Verhältnis zur Schieflage in der „Care-Arbeit“? Was bedeutet in diesem Kontext Mehrfachdiskriminierung und wie sind unterschiedliche Diskriminierungsformen miteinander verwoben?

Das Gespräch wurde aufgezeichnet und steht online hier zum Nachhören bereit: https://comunity-saar.de/sofagespraeche/

Com:unity Saar ist ein Projekt des Antidiskriminierungsforum Saar (ADFS), dessen Mitglied die FrauenGenderBibliothek Saar ist.

 

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Buchrezension von Feministisches Lesen zu “Sphinx” von Anne Garréta

Buchrezension von Feministisches Lesen zu “Sphinx” von Anne Garréta

Die FrauenGenderBibliothek Saar präsentiert eine Rezension von www.feministischeslesen.de zu “Sphinx” von Anne Garréta. Das Buch steht bei uns zur Ausleihe bereit.

Rezension von Tanja:

Hast du schon einmal eine Liebesgeschichte gelesen, bei der das Geschlecht der beiden Protagonist*innen kein einziges Mal genannt wurde? Für uns war es das erste Mal.

Anne Garréta hat mit ihrem Roman „Sphinx“ genau das geschaffen – und zwar schon 1986. Mitte der 2010er Jahre erhielt das Buch mit seiner noch immer aktuellen Thematik erneut jede Menge Aufmerksamkeit, als es aus dem Französischen erstmals ins Englische (2015) und Deutsche (2016) übersetzt wurde. Keine leichte Aufgabe, denn rein grammatikalisch betrachtet findet sich auf 184 Seiten kein einziger Hinweis darauf, welches Geschlecht die Erzählinstanz und deren große Liebschaft A*** haben. Kein Pronomen – keine Thematisierung des Geschlechts.

Und doch sei beim Korrektorat kaum aufgefallen, dass sich in die englische Übersetzung vor deren Veröffentlichung an zwei Stellen ein kleines „her“ eingeschlichen hatten. Die Übersetzerin Emma Ramadan – und mit ihr die Lektoratsabteilung – scheinen also trotz des Drahtseilakts des Schweigens der Autorin ein recht genaues Bild im Kopf gehabt zu haben, an welcher Stelle es sich um eine handelt. Nach unserer Lektüre des Romans können wir ihr Kopfkino nur zu gut nachvollziehen.

Lesen erzeugt Bilder im Kopf

Wann hast du zuletzt eine Buchverfilmung angeschaut und warst mit der Auswahl der Schauspieler*innen so gar nicht zufrieden? Figur x wurde im Buch doch brünett und rundlich beschrieben, Person y müsste deutlich größer sein und im schlimmsten, aber leider nicht seltenen Falle: Warum um alles in der Welt spielt ein*e weiße*r Schauspieler*in eine BIPoC-Figur? Diese Diskrepanz entsteht einerseits durch die viel zu heteronormative Filmbranche, andererseits aber auch aus unseren Vorstellungen heraus. Beim Lesen entstehen in unseren Köpfen Bilder, die Kreativität wird angeregt, wir stellen uns anhand der Beschreibungen der*des Autor*in – und manchmal auch darüber hinaus – genau vor, wie die Figuren der Erzählung wohl aussehen mögen und welche Handlungen ihrem Charakter entsprechen. Werden uns Informationen vorenthalten, versuchen wir – bewusst oder unbewusst – diese aus dem Kontext zu erschließen und die weißen Flecken des Storyboards mit Leben zu füllen.

Eine häufig beschrittene Ebene, die zur Kategorisierung und Beschreibung von Menschen genutzt wird, ist das Geschlecht. Würden wir im Zuge eines eigenen Buchentwurfs unsere Figuren einer*einem Zuhörer*in vorstellen, würden wir ihnen vermutlich sehr schnell ein Geschlecht zuordnen, ebenso wie ein gewisses Alter, eine Hautfarbe, eine soziale Schicht oder ein gewisses Umfeld, das ihren Kontext verdeutlicht, also eine komplexe Person entstehen lässt. Obwohl wir uns in unserem Buchclub – und darüber hinaus – sehr stark mit der Dekonstruktion von Stereotypen und des dualen Geschlechtersystems (also der Aufteilung in Mann und Frau) beschäftigen, waren wir unglaublich überrascht darüber, wie schnell auch unsere Köpfe den beiden Protagonist*innen ein Geschlecht zuordneten.

Stellenweise erschien es uns außerdem so, als habe sich auch Anne Garréta anderer Mechanismen bedient, um das Fehlen des Geschlechts zu kaschieren. Uns fiel besonders die häufige Thematisierung der Hautfarbe auf – Ich weiß und A*** Schwarz. Es wurde in Momenten erwähnt, aus denen keine Erklärung eines bestimmten persönlichen Hintergrundes hervorging, kein Aufzeigen bestimmter struktureller Mechanismen. Es schien an manchen Stellen lediglich der besseren Visualisierung der Personen zu dienen. Möglicherweise ist uns bei diesem Punkt aber auch etwas entfallen oder es liegt an der zeitlichen Distanz zwischen der Erstveröffentlichung des Romans 1986 und unserer Lebenswelt – fast 35 Jahre später. Dass die Hautfarbe in einer Erzählung nicht erwähnt wird, kommt deutlich häufiger vor als es bei Geschlecht der Fall ist. In den meisten Fällen werden Protagonist*innen einfach weiß gedacht.

Wie liest sich eine Liebesgeschichte ohne Geschlecht?

Abseits aller Gender-Themen sei als erstes erwähnt: Der Roman lässt sich flüssig lesen, das Aussparen voller Namen und jeglicher Pronomen mit Bezug auf Ich und A*** stört überhaupt nicht. So kompliziert das Schreiben und Übersetzen gewesen sein mögen – als Leser*in merkt man davon nichts.

Was eine*n jedoch durchweg ins Grübeln stürzt, sind die Beschreibungen innerhalb der Erzählung – seien es Äußerlichkeiten, Handlungen oder Charakterzüge der beiden Figuren. Wie ein nicht beauftragter Detektiv (denn es wäre ja durchaus denkbar, sich einfach auf die Geschichte zweier Menschen einzulassen, ohne deren Geschlecht zu kennen) schließt der Kopf automatisch auf ihm bekannte Stereotype, die sich im Laufe der Handlung festigen, an anderer Stelle jedoch widersprechen: Wenn Ich Theologie studiert (wohlgemerkt in den 80er Jahren, als der Roman erschien), handelt es sich dann nicht wahrscheinlich um einen Mann? Wenn A*** versucht einer sexuellen Beziehung auszuweichen, um die Freundschaft nicht zu gefährden, denken wir dann nicht eher an eine Frau? Und was verrät uns der Handlungsort, das flirrende Nachtleben der Pariser Rive Gauche, wo sich in den 80er Jahren viele lesbische Paare vergnügten?

Die Antwort auf alle Fragen ist einfach: Diese Merkmale verraten wenig, in den meisten Fällen sogar rein gar nichts über das Geschlecht. Die Fragilität dieser Theorie freier Gender-Auslebung, frei von Stereotypen, wie wir sie in jedem Gespräch bis aufs letzte verteidigen würden, wurde uns durch das Lesen dieses Romans immer wieder vor Augen geführt – und zwar in unseren eigenen, vermeintlich aufgeklärten Köpfen.

Daher von unserer Seite eine ganz klare Empfehlung: Lies diesen Roman, hinterfrage deine Ansichten und die Stereotype in deinem Denken und tausche dich danach unbedingt mit anderen darüber aus, um eine womöglich festgefahrene Sichtweise auf die beiden Hauptfiguren aufzulockern.

Das Ergebnis unseres Buchchlub-Treffens

Wie bereits angedeutet, war dieses Buchclub-Treffen ein besonders aufschlussreiches. Denn statt über im gelesenen Buch aufgestellte Theorien zu sprechen, mussten wir uns selbst hinterfragen und mit unserer Ausdrucksweise kämpfen. Geschlechtsneutral über Ich und A*** zu reden, hat uns an unsere sprachlichen Grenzen gebracht und uns die erlernten Automatismen der uns umgebenden Gesellschaft aufgezeigt. Nur unter größter Konzentration schafften wir es, alle Möglichkeiten offen zu halten. Da sich ein „sie“ oder „er“ nicht durchgehend vermeiden ließ, merkten wir schnell, dass wir die gleichen Vorstellungen davon hatten, welche Figur welches Geschlecht haben müsse. Aus diesem Umstand heraus ergab sich eine kleine Ernüchterung bei uns. Erwartet hatten wir größere Diskrepanzen, eine größere Herausforderung beim Lesen und nicht, dass sich für uns schon in den ersten Kapiteln ein so deutliches Bild ergeben würde.

Die Arbeit begann also nach dem Lesen: Gemeinsam versuchten wir, unsere mittlerweile verfestigten Vorstellungen zu dekonstruieren, untersuchten einige Textpassagen noch einmal gemeinsam und lasen sie gezielt aus einem anderen Blickwinkel. Vor allem aber bemühten wir uns, aus dem allseits bekannten Mann-Frau- (bzw. Mann-Mann oder Frau-Frau) Schema auszubrechen. Könnte es sich nicht auch um eine intersexuelle, nicht-binäre oder trans Person handeln? Weist Anne Garrétas Widmung „To the Third“ auf der ersten Seite des Buches nicht sogar sehr deutlich darauf hin? Bezeichnet sich Ich nicht selbst als „Transe im Sich-Vergrübeln“? (S. 129) Sangen die beiden Protagonist*innen nicht gemeinsam „You’ve been reachin‘ for yourself for such a long time. No need to explain, I’m not here to blame […]“? (S. 155)

Schlussendlich ist uns vor allem eines aufgefallen: Wie unfähig wir waren, diese Geschichte zweier Menschen einfach als geschlechtslose zu akzeptieren. Und diese Tatsache regt definitiv zum Nachdenken an.

Posted by petrastein in Neu im Bestand
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