Nachruf: Prof. Dr. Barbara Sandig

Bereits im 18. Jahrhundert wusste der deutsche Dichter und Philosoph Johann Gottfried Herder, dass »Stil aus dem Sprechen und nicht Sprache aus künstlichem Stil« zu lernen sei. Der Analyse von Sprache und Stil hatte sich auch Barbara Sandig verschrieben, die zwischen 1979 und 2004 Inhaberin des Lehrstuhls für Neuere Deutsche Sprachwissenschaft an der Universität des Saarlandes und zudem eine großzügige und langjährige Förderin der Frauen- und Genderbibliothek in Saarbrücken war.

Frauenforscherin, Sprach- und Literaturwissenschaftlerin

* 29.04.1939 in Heidelberg, † 01.03.2013 in Saarlouis ||

Bereits im 18. Jahrhundert wusste der deutsche Dichter und Philosoph Johann Gottfried Herder, dass »Stil aus dem Sprechen und nicht Sprache aus künstlichem Stil« zu lernen sei. Der Analyse von Sprache und Stil hatte sich auch Barbara Sandig verschrieben, die zwischen 1979 und 2004 Inhaberin des Lehrstuhls für Neuere Deutsche Sprachwissenschaft an der Universität des Saarlandes und zudem eine großzügige und langjährige Förderin der Frauen- und Genderbibliothek in Saarbrücken war.

Nach ihrem Studium der Germanistik und Romanistik in Freiburg, Dijon und Heidelberg promovierte Barbara Sandig 1971 als Schülerin von Peter von Polenz zum Thema der grammatischen Besonderheiten von Zeitungsschlagzeilen am Germanistischen Seminar in Heidelberg. 1976 habilitierte sie sich dort mit einer Arbeit über die pragmalinguistischen Grundlagen einer sprachwissenschaftlichen Stilistik. Zwischen 1989 und 1990 leitete sie als erste Frau den früheren Fachbereich »Neuere Sprach- und Literaturwissenschaften« im Rahmen eines interdisziplinären Sonderforschungsbereiches der Computerlinguistik an der Universität des Saarlandes. Neben ihrer klassischen sprach- und literaturwissenschaftlichen Ausrichtung tat sich Barbara Sandig zudem im Bereich der Frauen- und Geschlechterforschung hervor und schuf mit dem interdisziplinär ausgerichteten Projekt »SOFIE – Schriftenreihe zur Frauenforschung« ein Pionierprogramm an der Universität des Saarlandes. Seit 1995 wurden in dieser Reihe überwiegend Dissertationen aus den Geistes- und Sozialwissenschaften mit frauen- und/oder geschlechterspezifischen Themen publiziert. Insbesondere Studien zu Berufs- und Geschlechterrollen konnten hier verankert werden. Barbara Sandig selbst widmete sich im Rahmen ihrer Frauenforschung u.a. dem Stellenwert der Gesprächspsychotherapie für das weibliche Selbstkonzept oder der Selbstbewertung von Frauen in Autobiographien seit dem 18. Jahrhundert. Neben ihrer großen fachlichen Kompetenz schätzten Kollegen und Freunde insbesondere ihre herzliche Art und ihr einnehmendes Wesen.

Der Frauenbibliothek Saar war Barbara Sandig langjährig verbunden, als fachkundige Beraterin und als Mitglied im Förderverein. Wir verlieren mit ihr eine Pionierin der Frauen- und Genderforschung an der Universität des Saarlandes und eine solidarische Unterstützerin der außeruniversitären Frauenbildungsbewegung im Saarland. Und um aus der Traueranzeige ihrer FachkollegInnen in der ZEIT vom 14.3.2013 zu zitieren: »Barbara Sandig war und bleibt für uns durch ihre wissenschaftliche Integrität und Menschlichkeit Vorbild. Als engagierte Frau hat sie im Universitätsleben Maßstäbe gesetzt und viele andere gefördert. Sie war nie laut, aber immer gefragt, ihre Stimme hatte Gewicht. Sie wird für uns nicht verstummen.«

(AK/AM)